Marktplatz-Situation

Ein kontrovers debattiertes Thema in Erbach ist die Sperrung des Markplatzes für den fließenden und ruhenden Verkehr. Dabei geraten die Fakten zum Teil etwas in Vergessenheit. Ich will sie deshalb hier gerne noch einmal darlegen:

Bereits im Wahlkampf 2017/18 wurde das Thema vielstimmig an mich herangetragen. Dabei wurde deutlich, dass es zwei sehr gegenläufige Positionen gibt: Die einen finden es nicht nachvollziehbar, dass der schöne Platz zwischen Schloss und Lustgarten als Parkplatz missbraucht wird. Die anderen sehen die angrenzenden Geschäfte und Restaurants in ihrer Existenz bedroht, wenn die Durchfahrt und das Parken eingeschränkt oder gar unmöglich gemacht würden.

Um diesen Grundkonflikt einer Lösung zuzuführen, habe ich im Rathaus zunächst mehrere Gespräche mit Bewohnern und Geschäftsleuten aus der Bahnstraße und dem Schlossgraben geführt.

Am Ende stand ein Vorschlag, der von den anwesenden Anrainern unterstützt wurde:

  • Das Überfahren in beide Richtungen bleibt weiterhin möglich.
  • Zur Mümlingseite wird es 12 Parkplätze geben; in ausreichendem Abstand zu den neu angebrachten Bänken um die Platanen werden Schutzpoller errichtet.
  • Als Entgegenkommen gegenüber der Gastronomie wird es ab 18 Uhr fünf weitere Parkplätze auf der Schlossseite nahe der Schlosswache geben.
  • Auf jeder Seite des Schlosses wird es je einen Behindertenparkplatz geben.
  • Die zentrale Front vor dem Schloss bleibt frei für die Feuerwehr; dies hatte eine eigens durchgeführte Einsatzübung der Feuerwehr klar ergeben.

Ziel war es also, vor allem das ursprünglich „wilde“ Parken zu reduzieren und in eine gewisse Ordnung zu bringen. Die notwendige Beschilderung und das Setzten der Poller wurden vor Ostern 2019 umgesetzt.

Das Ergebnis der ergriffenen Maßnahmen war äußerst ernüchternd, und vor allem in den Abendstunden gestaltete sich das Parken chaotisch und undiszipliniert wie zuvor. Zahlreiche PKW-Fahrer hatten auch keine Hemmungen, ihr Fahrzeug direkt vor die Feuerwehrschilder zu stellen.

Nun wurde lautstark nachkontrollierenden Maßnahmen seitens der Stadtpolizei gerufen. Diesem Verlangen wurde auch nachgegeben und sogar ein privater Sicherheitsdienst wurde für teures Geld zur Unterstützung hinzugerufen. Nach einigen Monaten waren alle genervt: Die Parkenden wegen der Strafzettel, die Stadtpolizei wegen der z.T. üblen Beschimpfungen und auch der Bürgermeister, dessen gut gemeinter Versuch, Ordnung ins Chaos zu bringen, gescheitert war.

Nach Rücksprache mit zahlreichen meiner hessischen Amtskollegen war mir klar, dass nur noch eine Komplettsperrung, wie sie auch andere Städte mittlerweile schon praktiziert hatten, für Abhilfe sorgen kann. Die Bedeutung einer solchen Maßnahme war mir angesichts der emotional aufgeladenen Stimmung durchaus bewusst. Und obwohl der „Bürgermeister als Ordnungsamt und Straßenverkehrsbehörde“ eine solche Entscheidung im Alleingang treffen kann, war es mir wichtig, ein Stimmungsbild unter den Erbacher Mandatsträgern einzuholen. Hierzu kam es am 14. November 2019: Bei einer ordentlichen Stadtverordnetenversammlung votierten 26 von 28 anwesenden Parlamentarier für die Sperrung des Markplatzes. Zur Umsetzung kam es dann im Januar/Februar 2020, kurz vor Beginn der drastischen Corona-Maßnahmen.

Heute, vier Jahre nach der Umsetzung ist der Platz noch immer geschlossen – und Graf Franz ist nicht erneut vom Sockel gestürzt. Manche sagen, jetzt sei der Platz tot. Ich sage, jetzt hat der Platz seine Würde wiedererlangt. Keine andere Stadt im Odenwald verfügt über ein so einzigartiges Ambiente mit dem Dreiklang Schloss, Marktplatz, Lustgarten. Wer mag, kann gerne die Besucher, die unsere schöne Stadt besuchen oder auch die Erbacherinnen und Erbacher selbst befragen, die an den Wochenenden nunmehr ungestört mit ihren Kindern und Enkelkindern den Platz bevölkern.

Und schließlich: In Zeiten gestiegenen Umweltbewusstseins macht es natürlich absolut Sinn, unsere historischen Innenstadtbereiche vom Autoverkehr zu befreien. Zumal wenn in nur 3 Minuten Fußdistanz ausreichend Parkplätze zur Verfügung stehen. Die Zeiten, in denen wir mit dem Auto zum Tisch fuhren, gehören der Vergangenheit an.

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